10 Fragen an Satomi Edo

13. Oktober 2023

Seit der Eröffnung unserer Ausstellung
zu Michael Ende zeigen sich nicht nur die Innenräume in einem neuen Gewand –
auch die Fenster des Schlosses schmückt temporär ein Kunstwerk: Es handelt sich
um eine Arbeit der in Kyoto/Japan geborenen Künstlerin Satomi Edo, die
Teilnehmerin des Residenzprogrammes des Kunsthauses Mitte in Oberhausen ist.
Die Installation ist der erste Teil ihres Abschlussprojektes und trägt den Titel
NEW GROUND 23092023. Im November wird
ihr Kunstwerk durch eine weitere Anbringung an der Vitrine des Schlosses
ergänzt. Grundlage ihrer Arbeiten bilden japanische Frühstück-Workshops für
Frauen, in denen die Teilnehmerinnen aus Eierschalen neue Weltkarten anordnen. Die
entstandenen Muster sind mithilfe von großformatigen Kunststofffolien
visualisiert.

In ihren
Arbeiten nimmt Edo häufig Bezug auf das Thema „Heimat“ – aber warum eigentlich?
Wir haben nachgehakt – in zehn Fragen an die Künstlerin.

 

Lena Elster:
Was bedeutet Kunst für Sie?

Satomi Edo: Die
Wahrheit des Lebens.

 

Lena Elster: Welche
Herausforderungen begegnen Ihnen in ihrer Arbeit als Künstlerin?

Satomi Edo: In
meiner künstlerischen Arbeit sind für mich Schnittstellen der Felder
Architektur und Kunst von besonderem Interesse. Zum Thema „Weltbild“ arbeite
ich seit dem Jahr 2017. In diesem Zusammenhang versuche ich den Begriff „Heimat“
in einem übertragenen Sinne zwischen Mensch und Raum, zwischen analoger und
digitaler Land- und Weltkarte unter kartografischem Aspekt zu diskutieren.

 

Lena Elster: Hat
die Verwendung von Eierschalen eine besondere Bedeutung in ihren Arbeiten?

Satomi Edo: Ich
nehme damit Bezug auf einen Schöpfungsmythos über viele Kulturen hinweg, in dem
das Ei als Symbol für den Ursprung des Universums gelesen wird. Neben der
symbolischen Kraft der Form des Eies, ist es die zarte Hülle, die etwas
Zerbrechliches und Schutzbedürftiges bedeutet. Es ist die schönste Form des
Schutzes, die das Leben schützt.  

 

Lena Elster: Wann
haben Sie damit angefangen, künstlerisch tätig zu sein?

Satomi Edo: Ein
Künstler kam, um meine Kindergartenklasse zu unterrichten, und seitdem
interessiere ich mich sehr für Kunst, für alle Bereiche der Kunst. Nach vielen
privaten Kunstaktivitäten und Unterricht besuchte ich nach dem Abitur eine
Kunsthochschule in Kyoto, Klasse Bildhauerei.

 

Lena Elster:
Welche Themen verarbeiten Sie in Ihrer Kunst und warum?

Satomi Edo: Heimat.
Ich wurde in Kyoto/Japan geboren. Ich lebe und arbeite in Münster/ Deutschland.
Das Thema drückt eine Weltanschauung für mich aus, in der sich zwei parallele
Welten von unterschiedlicher Zeit und Raum, Japan und Deutschland,
überschneiden. Weil die großen Einflüsse der Heimat mir meine Gedanken und
meine Persönlichkeit gaben und geben.

 

Abb. NEW GROUND 23092023 von Satomi Edo ©
LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen

 

Lena Elster: Gibt
es eine Künstlerin oder einen Künstler, den Sie bewundern?

Satomi Edo: Joseph
Beuys, seine verschiedenen vielfältigen Materialien und seine sozialen
Aktivitäten. Hitoshi Nomura, er war ehemaliger Professor an der Kunsthochschule
in Kyoto.

 

Lena Elster: Welche
Einflüsse von anderen Künstler*innen gibt es in ihren Arbeiten?

Satomi Edo: Künstlerinnen aus
Deutschland. 1999 war ich positiv schockiert, als ich im National Museum of Art
in Osaka die Ausstellung „Leiblicher Logos“ sah, in der Installationen von 14
deutschen Künstlerinnen gezeigt wurden. Besonders gefielen mir die Arbeiten von
Katharina Fritsch, Rebecca Horn, Karin Sander und Rosemarie Trockel.  Zu dieser Zeit hatten japanische
Künstlerinnen nicht viele Möglichkeiten, ihre Werke in Japan zu
präsentieren.    

Wichtig ist
auch, dass ich 10 Jahre lang in meiner Heimat Kyoto für die Teezeremonie ausgebildet
wurde, besonders erwähnenswert sind dabei die Einflüsse von Rikyu Sen, der ein
großer Teemeister war.

 

Lena Elster: Was
bedeutet das Thema Heimat für Sie?

Satomi Edo: Identität
und Kultur-Identität. Damit ich den Sinn und Wert meiner Existenz erkenne.

 

Lena Elster: Was
verbinden Sie mit dem Autor Michael Ende?

Satomi Edo: Am
Anfang der 90er Jahre habe ich erst „Die unendliche Geschichte“, danach „Momo“
und „Der Spiegel im Spiegel“ von Michael Ende gelesen. Seine Bücher stellen uns
eine Frage; sie lässt uns darüber nachdenken, welche Bedeutung Glück für das
Leben der Menschen hat. Ich kenne auch das Buch seines Vaters, Edgar Ende.

 

Lena Elster:
Gibt es Unterschiede hinsichtlich der Rezeption von Kunst in Japan
beziehungsweise in Deutschland?

Satomi Edo: Grundsätzlich
Nein. Aber im gesellschaftlichen Status von Künstler/Künstlerinnen gibt es
leider immer noch Unterschiede, vor allem bei den Zeitgenossen. In Japan haben
allgemein die Künstlerinnen und Künstler keinen hohen gesellschaftlichen Status
und es ist für Künstlerinnen noch besonders schwierig, ihre Karriere als
Künstlerinnen nach dem 35. Lebensjahr fortzusetzen. Selbst im Leben eines
Künstlers gibt es immer noch soziale Vorurteile.  


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