Goldschuh, Silberschuh, Art About Shoes! – Kinder-Audioguide in progress

18. Dezember 2020
„Frau
Bendorf? Was ist unser nächstes Thema in Audioguide?“

Als
Vincent seine Frage stellt, blickt er kurz von dem Bild auf, das er gerade
zeichnet (ein Monster mit sehr vielen Augen!). Tja, das wäre schön, wenn „Audioguide“
ein Schulfach wäre. Unser nächstes Thema wäre dann Comic und vielleicht würden wir
dann sogenannte Soundwords (Kawumm! Boing!) vertonen… „AudioGuide“ wäre dann
keine AG mehr, sondern vielleicht auch ein Unterrichtsthema im Fach „kulturelle
Bildung“, nebenbei lernten die Kinder dann hier Lesekompetenz.
 

Julian übt fleißig seinen Text, 2020 © LUDWIGGALERIE, Foto: Linda Schmitz-Kleinreesink

 

Vorbereitung ist alles!, 2020 © LUDWIGGALERIE, Foto: Linda Schmitz-Kleinreesink
 

Wir
haben den SchülerInnen zu Beginn eine Auswahl von Schuhgeschichten, -märchen und -gedichten hingelegt.
Schnell hat sich jeder etwas herausgepickt. „Ich mach Aschenputtel mit Emma“,
entscheidet Alena sofort. Dann, eine Stunde später: „Kann Emma auch
Aschenputtel alleine machen? Das ist soooo schwer!“ – „Ja Alena, da hast du
recht! Der Text ist auch echt lang und das Märchen ist in so alter Sprache, das
ist ganz schön ungewohnt – möchtest du lieber ein Gedicht?“, bieten wir ihr an.
 

Alena
hat eine angenehm kratzige und leicht raue Stimme, da passt was Witziges. „Goldschuh,
Silberschuh, Lackschuh, Kackschuh. Kackschuh?!“ Das Mädchen kichert. Der „Kackschuh“
hat auch Julian hellhörig gemacht. „Was steht da noch?“. Er schnappt sich das
dicke Gedichtebuch und fängt an, im Wechsel mit Vincent, daraus vorzulesen. Das
Gedicht über leise und laute Fürze wird sofort zum Favoriten – passt aber
leider auf Biegen und Brechen nicht zu unserem Schuh-Thema. Was aber viel
wichtiger ist: völlig engagiert und mit großem Selbstverständnis sitzen hier
zwei Drittklässler und lesen sich Gedichte vor. Mehrfach hintereinander und so
oft, bis es gut klingt. Und immer mit dem Ergebnis: „Mach noch eins!“
 

Julian und Vincent lesen sich gegenseitig Gedichte vor, 2020 © LUDWIGGALERIE, Foto: Linda Schmitz-Kleinreesink

 

Derweil
sitzen Moritz und Jonas schon im sogenannten „Moritzraum“ (der Moritzraum hat
seinen Namen schon beim letzten Audioguide-Projekt erhalten, weil wir dem eher
ruhigen Jungen die Möglichkeit gegeben haben, einen Raum auszusuchen, in dem er
konzentriert üben kann – dass er hier seinen eigenen Raum hat, freut ihn sichtlich).

Der
Kinder-Audioguide war auch schon „vor Corona“ ein Projekt, bei dem man Abstände
einhalten musste, damit jeder laut Vorlesen üben kann. Dafür nutzen wir die
inspirierenden und großzügigen Räumlichkeiten unserer Malschule. Zehn Kinder, fünf
Räume, hohe Decken, riesige Fenster. Wer eine Pause vom Üben braucht, darf sich
an Ullas gut bestücktem Materialschrank bedienen und etwas zeichnen.
 

Vincent lässt der Kreativität ihren freien Lauf, 2020 © LUDWIGGALERIE, Foto: Linda Schmitz-Kleinreesink

 

Und
endlich komme ich auch mal mit den richtigen Bilderbuch-Experten ins Gespräch: „Leyla,
was hast du als letztes gelesen?“ – „Latte Igel!“ – „ Ah das kenne ich, denn
ich kenne den Illustrator– „Ja, das hat Daniel Napp gemacht. Steht ja auch
vorne drauf. Der hat auch den kleinen Wassermann gemacht. Hab ich gesehen, als
ich mit Frau Bendorf im Museum war.“ Ich bin beeindruckt von Leyla, aber auch
von der Projektdichte unserer Museumspädagoginnen. Krönchen-AG, Audioguide,
RuhrKunstUrban … Ich schaue auf die Fensterbank und bewundere die hübschen
Solar-LED-Gläser, in denen kleine akribisch geformte Tonfigürchen sitzen – das
hätte ich, nicht nur als Kind, auch gerne gemacht! Die Gläser sind für RuhrKunstUrban
entstanden. Andere Geschichte (künftiger Blogartikel), aber sie stehen eben nun
mal hier in der Malschule, wo sich vieles verzahnt und gegenseitig beflügeln
darf.
 

Zoe übt ihren Text vor der Aufnahme, 2020 © LUDWIGGALERIE, Foto: Linda Schmitz-Kleinreesink

 

Derweil
üben Alena und Emma schwierigere Wörter. „Blondgelockter Jüngling“… „Stulle –
ich sag immer Strulle… Stulle! Stulle!“. Betonung, Pausen machen, Fragezeichen =
Stimme rauf – bei wem das schon alles sitzt, der darf zu Kevin vors Mikro und
aufnehmen. Ich öffne vorsichtig die Tür und ernte Augenrollen, weil ich die
Aufnahme gestört habe. Immer das gleiche – Sorry! Da sitzt Henriette vor dem
Mikro und hat die dicken Kopfhörer auf den Ohren, während Kevin die Aufnahme
steuert. Das klingt super! Ich bin beeindruckt und gehe zu Jonas und Moritz,
die im besagten Moritzraum üben: Sie lesen „Der gestiefelte Kater“.

Kevin
bringt Henriette zurück von der Aufnahme: „Top! Die hat das gerockt! Ganz aufrecht
und konzentriert hat sie da vorm Mikro gesessen und einfach runtergelesen!
Betonung inklusive!“ Jetzt darf sie sich ruhig auf dem Erfolg ausruhen. Da
klopft es. „Frau Bendorf, wo warst du denn?“, „Ich hab Stutenkerle geholt.
Kleine Stärkung!“ Jetzt ist Vincent sich noch sicherer: „das ist wirklich die
beste AG!“
 

Emma/ Emma und Alena beim Aufnehmen ihrer Texte, 2020 © LUDWIGGALERIE, Foto: Linda Schmitz-Kleinreesink

 

Der
Kinder-Audioguide für die LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen entsteht jetzt zum
vierten Mal in Kooperation mit der Grundschule Luisenschule.

Das
Audioguide-Team:

Ursula
Bendorf-Depenbrock, Museumspädagogin an der LUDWIGGALERIE und Leiterin der
Malschule unterrichtet an der Luisenschule und organisiert passende
Kooperationen. Gemeinsam mit Linda Schmitz-Kleinreesink, Kuratorin an der
LUDWIGGALERIE, führt sie das Projekt durch.

Kevin
Casper, Medienpädagoge, setzt die technische Betreuung des Projekts und die
damit verbundenen Tonaufnahmen mit den Kindern um.
 
Text und Fotos von Linda Schmitz-Kleinreesink


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